Das Projekt Site/Cite. Speaking in Tongues While Splitting One‘s Own (übersetzt: Ort/Zitieren. In fremden Zungen sprechen, während man seine eigene spaltet) der in Wien lebenden Künstlerin Birke Gorm (*1986 in Hamburg) ging beim geladenen Wettbewerb zur Reihe Offenes Haus als eines der beiden Siegerprojekte hervor.
Acht nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler wurden eingeladen, das Kunsthaus Graz zu „infiltrieren“. Für Fragestellungen wie diese suchten wir nach künstlerischen Instrumentarien der Erweiterung:
- Was ist der Inhalt dieses Kunstraumes und wie lässt er sich verstehen?
- Welche Sprache spricht die öffentliche Institution und was ist ihre Essenz?
- Welche Barrieren gibt es – strukturell und in den Köpfen der Besucher/innen und Mitarbeiter/innen – und wie lassen sich diese aufheben?
Der Ast findet sich als formales Element auch in den künstlerisch überarbeiteten Texten, die zur freien Entnahme im Stiegenhaus aushängen. Kuratoren-, Vermittlungs- und Pressetexte aktueller Ausstellungen werden von Ästen zensiert und ausgehöhlt und auf ihre Verständlichkeit, ihr Kommunikationspotenzial und ihren Repräsentationscharakter untersucht. Es ist die zuweilen schwer lesbare, im Diskurs zeitgenössischer Kunst übliche Sprache, auf die Gorm bereits im Titel anspielt und die sie thematisiert, indem sie eben in derselben Sprache spricht.
Um bei diesen vielen „fremden Zungen“ nicht ins Taumeln zu geraten, hilft der bronzene Handlauf als Stütze: Bronze als traditionsreicher, artifizieller Informationsträger – man denke an die zahlreichen bronzenen Repräsentationsskulpturen in europäischen Städten – trägt nicht nur die Botschaften der Bildhauer/innen, sondern (mit der Zeit) auch die Spuren derer, die sie berühren, in sich. In der natürlichen Form des Astes gegossen und im Stiegenhaus einer Kunstinstitution angebracht, erleichtert sie der Wanderin und dem Wanderer, die Balance selbst auf schwierigem Terrain zu halten.