Pop-Musik gilt als eine niedere, populäre Kunstform, die Bildende Kunst wird den hohen Künsten zugerechnet. Dieses Verhältnis hat sich in den letzten 50 Jahren nachhaltig geändert. Pop-Musik ist ein Hybride, den einst die Parallelität von Bild und Ton von Fernsehen, Fanmagazinen und Plattencovern hervorgebracht hat. Nicht musikalische Valeurs, sondern das Gefühl direkter Verbundenheit mit Personen bildet ihren Kern. Diese können als Sex-Objekte ebenso funktionieren wie als Verkörperung neuer Lebensformen. Für die Bildende Kunst ist diese Ausdrucksform ebenso ein Gegenstand wie eine Konkurrenzveranstaltung.
Künstler wie Andy Warhol, Richard Hamilton, Peter Blake, David Lamelas und Dan Graham haben damit schon in den 1960er Jahren angefangen. Die Anzahl der Thematisierungen steigt seitdem exponentiell. Wesentliche Brüche der Kunstentwicklung verliefen oft parallel zu Brüchen in der Entwicklung der Pop-Musik: Die neue Einfachheit in der Rückkehr zur Malerei in den frühen 1980ern hatte eine Entsprechung im Punk-Rock, die antisubjektive Techno-Kultur wurde von der subjektkritischen, kollaborativen und projektorientierten Kunst der 1990er mit ihren feministischen und neo-institutionskritischen Ansätzen begrüßt. Schon lange sind Künstlerinnen und Künstler, die eine besondere Beziehung zur Pop-Musik und ihren Neben- und Unterformen haben, keine Besonderheit mehr, sondern eher die Regel.
Will man der Beziehung zwischen Kunst und Pop-Musik heute nachgehen, kann es nicht mehr darum gehen, diese Selbstverständlichkeit zu bebildern. Wenig hilfreich wäre es auch, sich an den gemeinsamen Themen von Kunst und Pop-Musik zu orientieren: Die Dominanz des Thematischen tötet in der Regel die anderen Dimensionen künstlerischer Projekte. Es bleibt der Weg, sich auf Untergebiete oder historische Phasen mit entsprechenden Schnittmengen zu konzentrieren, wie etwa auf den heute ganz historisch gewordenen Rock. Will man sich aber nicht auf die gegenwartsabgewandte Abgeschlossenheit historischer Phasen einlassen, gibt es noch eine andere Möglichkeit.
Man verlässt sich auf die Künstlerinnen und Künstler. In Schere - Stein - Papier. Pop-Musik als Gegenstand Bildender Kunst sind Leute versammelt, deren Werk und Methode schon lange von einer engen Beziehung zur Pop-Musik bestimmt sind und weder nur einen Gegenstand unter anderen bestimmen, noch nur eine Phase. Die Qualität dieser Beziehung im Werk ist schließlich auch ausschlaggebend für eine zusammenhangbildende Kraft mit ganz anderen Epochen und künstlerischen Praktiken.
Künstler*innen: Saâdane Afif, Cory Arcangel, Art & Language mit The Red Krayola, Sam Durant, Kim Gordon und Jutta Koether, Renée Green, Stefan Hablützel, Mike Kelley, Klara Lidén, Lucy McKenzie, Dave Muller, Albert Oehlen, Katrin Plavcak, Mathias Poledna, Uwe Schinn, Nico Vascellari