der krieg ist unsere lebensform, unser gegner ist der mitmensch und die welt mit allen ihren wesen.
wir werden siegen! (Peter Gerwin Hoffmann)
Peter Gerwin Hoffmann, ein früher Vertreter der österreichischen Medienkunst, arbeitet seit vielen Jahren kontinuierlich im elektronischen und sozialen Raum. Auch seine Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg währt schon lange. In frühen Arbeiten, in denen Hoffmann noch die Malerei als künstlerische Ausdrucksform wählte, ist dies beispielsweise in Bildern zum Nahostkonflikt zu sehen; Jahre später, Anfang der 1990er-Jahre, präsentierte er in einer eindrucksvollen Installation im öffentlichen Raum am Innsbrucker Landhausplatz mit dem Freiheitsdenkmal die Kriege im ehemaligen Jugoslawien als Medien-Kriege: Täglich zur Zeit der Abendnachrichten lösten Passant*innen den Geräuschbogen des Abschusses, Flugs und Einschlags einer Granate aus, ließen gleichzeitig TV-Logos aufblitzen und Bildschirme flackern. Denn Kriege werden – auch – über und für die Medien geführt, macht Hoffmann in diesem Werk deutlich. Eine Botschaft, die er in Du sollst töten erneut aufgreift und mit einem eindringlichen Plädoyer für die Friedensforschung verbindet: Trotz unseres großen Glücks, so lange in Frieden leben zu können, haben es Politik und Zivilgesellschaft versäumt, friedliche Konfliktlösungen zu fördern und zu erforschen. Peter Gerwin Hoffmann will mit seinem Projekt auf diese Leerstelle aufmerksam machen und darauf, dass die Rüstungsproduktion eine Lobby hinter sich hat, während mit Friedensforschung (scheinbar) kein Geld zu verdienen ist.
Du sollst töten ist eine mehrteilige Installation, bestehend aus einem großen Banner, wie es bei Sportveranstaltungen zu Werbezwecken an den Banden der Sportplätze aufgehängt wird, einer Serie von Postkarten zum Mitnehmen und einem Video, das die Fernsehübertragung der Krönung von König Charles und Königin Camilla zeigt. Die Inszenierung des Militärs bei der Krönung des britischen Königspaares mit bunten Uniformen und schönen Waffen erinnert an die Besetzung einer heiteren Operette. Das Bajonett, von dessen Spitze Blut tropfen könnte, wird in der alltäglichen Wahrnehmung verdrängt. Auf dem Transparent und den Postkarten wird in grellen Farben und mit kurzen Sprüchen für das Töten und den Krieg geworben: DU TÖTE DU – KRIEG – SCHÖN – MICH TÖTE NICHT – KRIEG – EHRE usw. Der Verharmlosung des Todes, die Hoffmann anspricht, steht die Unfassbarkeit der Konsequenzen gegenüber, nämlich die totale Auslöschung des eigenen und/oder fremden Lebens. Den Künstler interessiert die*der einzelne Soldat*in, deren*dessen Pflicht es ist, das Sterben als Möglichkeit zu akzeptieren und keine Alternative zum Töten zu haben.
Ganz gleich, um welche kriegerische Auseinandersetzung es sich handelt (die Vielzahl der Flaggen, die das Krönungsvideo in einem einzigen Flimmern beenden und sich auch auf den Postkarten wiederfinden, zeigt die Allgemeingültigkeit von Hoffmanns Aussage) – einen „gerechten Krieg“ gibt es nicht, auch wenn uns unsere jeweilige Medienblase das Gegenteil suggeriert. Du sollst töten ist ein Friedensplädoyer, ein Hilfeschrei, der stellvertretend für alle Soldat*innen getan wird, die in den Krieg geschickt wurden und werden. Und es ist ein Appell, aus der Dauerschleife des „Doomscrollings“ auszubrechen und sich konstruktiven Lösungsansätzen zu widmen, statt in Katastrophenbildern und damit in Hoffnungslosigkeit zu versinken.