Flexibilität, Mobilität und Multifunktionalität waren schon immer wichtige Triebfedern für formale und technische Innovationen.
Möbel oder Gebäude, die diesen Kriterien entsprechen, gelten seit jeher als wegweisend und modern. So gehörte es bereits zum zentralen Anliegen der Moderne, die häusliche Umgebung zu flexibilisieren, sei es durch ineinander übergehende, vielseitig nutzbare Räume oder mit Hilfe multifunktionaler Einrichtungen. Eines der bedeutendsten Beispiele hierfür ist Gerrit Rietvelds Haus Schröder (1924/25) mit seinen vielseitig nutzbaren Räumen und beweglichen Wänden.
Der Wunsch, Architektur und Design vom rein Statischen zu lösen, hat bis heute nahezu alle großen GestalterInnen beschäftigt - von Gerrit Rietveld und Frank Lloyd Wright über Mies van der Rohe, Charles und Ray Eames, Jean Prouvé, Joe Colombo oder Achile Castiglioni bis zu Ron Arad, Rem Koolhas oder Shigeru Ban.
Das Streben und der Wunsch nach Mobilität sind für die Menschen schon seit jeher zentrale Themen. Zeugnisse über die Notwendigkeit, Wohnen flexibel zu gestalten, finden sich in allen Kulturkreisen und manifestieren sich etwa in frühen europäischen Treppenleitern, nordafrikanischen Zelten oder südamerikanischen Hängematten. Aus dieser Warte des flexiblen Wohnens präsentiert die Ausstellung beispielsweise Objekte des 19. Jahrhunderts wie eine usbekische Jurte, Schlafmatten aus Malaysia und dem Südwest-Pazifik oder einen Wandschirm aus China.
Seine enorme Aktualität hat das Thema jedoch durch die sich immer schneller verändernden Lebensumstände und technischen Möglichkeiten des 20. und 21. Jahrhunderts gewonnen. Heute suchen wir mehr denn je nach Wohnmöglichkeiten, die sich von festgelegten Abläufen und auch von vorgegebenen Standorten lösen, da sich Arbeits- und Privatleben immer weiter durchdringen und eine mobile und unabhängige Lebensgestaltung an Bedeutung gewinnt. Architekten und Designer versuchen, unsere Wohnwelt diesen neuen Anforderungen gemäß zu gestalten. Wichtige Beispiele hierfür sind Shigeru Bans Naked House (2000) mit seinen ausrollbaren Zimmern, Steven Holls Fukuoka Apartments (1992), deren Raumsituation sich mittels Dreh- und Klappwänden vollständig verändern lässt, das drehbare Wohnmodul TurnOn von awg_AllesWirdGut (2000) oder das transportable NheW-Haus der Gruppe OpenOffice/COPENHAGEN Office (2000).
Living in Motion lädt die Besucherinnen und Besucher auf einen breit angelegten Streifzug durch die Welt des flexiblen Wohnens ein. Die darin erkennbaren Reflexionen und die daraus resultierenden Innovationen in Design und Architektur werden nicht zuletzt am Ort der Ausstellung – im Kunsthaus Graz – sichtbar.
Katalog zur Ausstellung
Mit Textbeiträgen von Mathias Schwartz-Clauss, Robert Kronenburg, Stephanie Bunn, Annemarie Seiler-Baldinger, Stephan Rammler, Antje Flade, Peter Dobers, Lars Strannegård. In deutscher und englischer Sprache erhältlich. Erschienen im Verlag der Vitra Design Stiftung GmbH, Weil am Rhein (D), 2002.