„Johann Lurfs Kurzfilme erkunden häufig das rätselhafte Terrain zwischen dem Realen und dem Wahrgenommenen. Ansichten und Töne zu verstehen, die unserer Umgebung entnommen wurden, wird mithilfe von subtilen, wunderschönen Trompe-l’oeil-Effekten zur Herausforderung für unsere Sinne. Mit Cavalcade – gleichermaßen berückend in 2-D wie in 3-D – hat Lurf dafür erstmals direkt in den physischen Raum interveniert.“ (Neil Young, Januar 2019)
Das erste vom Menschen gemachte Foto von der Erde wurde am 24.12.1968 während der Apollo-8-Mission von William Anders gemacht. Im Vordergrund die Oberfläche des Mondes, taucht der blaue Planet darin als fragile Halbkugel über dem Horizont auf. Das Bild Earthrise,das laut TIME Magazine zu den 100 einflussreichsten Fotos der letzten zwei Jahrhunderte zählt und für die Entwicklung der in den 1970er-Jahren aufkommenden Umweltschutzdebatte mitverantwortlich gemacht wird, ist zwar eines der ersten realen Abbilder unseres Planeten, beileibe aber nicht das erste Bild der Weltkugel in der Film- und Fotogeschichte. Gemeinsam mit Laura Wagner widmet sich Johann Lurf für das Projekt Series seit 2017 diesen „Weltbildern“ choreografierter Realitäten, Sehnsüchte und Fiktionen. Diese Arbeit, für die er sich durch endlose Filmarchive gearbeitet hat, ist strukturell verwandt mit dem Film ★, in dem Johann Lurf filmische Blicke ins All und deren begleitende Soundframes aus Dialogen und Musik aus der gesamten Filmgeschichte zusammentrug und chronologisch reihte. Die überwältigende, bewegende und gleichzeitig geschichtlich aufschlussreiche Starbesetzung hat den seit Jahren vielbeachteten Experimentalfilmer Lurf weltweit auf unzählige Festivals gebracht, auch zur Diagonale, bei der er 2018 mit dem Preis für Innovatives Kino ausgezeichnet wurde.
Für die Earth Series haben die beiden Kunstschaffenden aus einer Vielzahl von Filmstillen filmische „Weltbilder“ vor und nach den ersten Fotos der Erde aus dem All zusammengetragen. Aus geradezu taktil anmutenden Pigmentdrucken stellen sie quer durch die Geschichte lesend formal ähnliche Ansichten des blauen Planeten in Bildkompositionen zusammen, die den Film als Instrument, aber auch als endlos erweiterbares Konstrukt von Wahrnehmung offenbaren. Neben einzelnen Filmstillen begleiten mit Bleistift eingefügte Sätze den jeweiligen Ausschnitt. So werden die Bilder zu einem sprechenden Gegenüber, das aus der Zweidimensionalität des Wandbildes heraustritt und die Ebenen der Zusammenstellung des Bewegtbildes in seinen Einzelteilen sowie dessen endloses Potenzial einer magischen Vorstellungswelt zeigen. In Cosmic Zoom steht neben dem größten und untersten der fünf Filmstille von makellos runden, blauweißen Kugeln: Its everything you wait a lifetime for ...
Im Rahmen der Diagonale zeigt Johann Lurf im Kunsthaus Graz die gemeinsam mit Laura Wagner produzierte Serie Earth Series neben Cavalcade, das wichtigste Bildelement und Prop seines neuesten Kurzfilms und Trailers für die Diagonale ’19. Das Wasserrad mit aufgedruckten konzentrischen Mustern fügt sich mit den Bildmontagen aus Filmstillen des Planeten Erde zu einer konzentrierten Ausstellung über visuelle Täuschungen im Bewegtbild: eine aufregend-sinnliche Untersuchung des filmischen Realitäts-, Illusions- und Imaginationspotenzials.