Die Ausstellung Human Condition bietet eine Reise in die menschliche Ethik, in der die Strukturen der Rede, der Verantwortung und der moralischen Handlungsfähigkeit auf dem Spiel stehen. „Wer sind wir?“, fragt Hannah Arendt in ihrem Werk Vita activa oder Vom tätigen Leben und bezieht sich dabei auf Prozesse des Denkens, Wollens und Beurteilens. „Aus was sind wir gemacht?“, fragt Jeremy Rifkin und stellt den Homo Empathicus, den Protagonisten seiner „neuen Sicht auf die menschliche Natur“, vor. „Was gilt als menschlich? Was erlaubt uns, einander zu begegnen?”, untersucht Judith Butler.
Human Condition ist ein Porträt einer prekären Welt der Instabilität und ungewissen Zukunft, in der die soziale Verwundbarkeit herausgefordert ist und die Zerbrechlichkeit der menschlichen Verhältnisse entlarvt wird. Wie sieht die Beziehung zwischen Emanzipation und Empathie aus? Wie wird die Conditio humana geformt? Zwischen Emanzipation und Verzweiflung, Selbstermächtigung und dem rasant wachsenden Riss in der sozialen Gestalt, zwischen kollektiven Wünschen und individualistischer Mentalität versammelt die Ausstellung Modelle zeitgenössischer Realitäten und Konfliktschauplätze. Angesichts der Unvorhersehbarkeit der Zukunft und konfrontiert mit der Aufhebung vormals verfügbarer Muster, fragt sie nach einer Chance auf Hoffnung und sucht dabei nach der Möglichkeit des Heroischen im Zeitalter der korrumpierten Werte, frei von historischen Referenzen.
Die Ausstellung untersucht Übergangsriten, die von den sozialen, politischen und kulturellen Entwicklungen verschiedener Gesellschaften des neuen Jahrtausends geprägt sind. Die Komplexität der aktuellen Situation, in der das Prekariat und die Brüchigkeit globaler Wirtschaftssysteme und politischer Ordnungen im Vordergrund stehen, ruft nach einer eingehenden Reflexion über zeitgenössische Mechanismen sozialer Bewegungen und Arbeitsstrukturen, über die Machtverteilung und die Ethik des Urteilsvermögens.
Zutiefst kritisch und autoreferenziell greift die Ausstellung die Kernbereiche menschlichen Tuns auf und studiert zeitgenössische Lebensformen. Auf diese Weise verweist dieses Projekt lose auf das bahnbrechende Werk Vita activa oder Vom tätigen Leben (ursprünglich 1958 auf Englisch unter dem Titel The Human Condition erschienen) von Hannah Arendt, einer der bedeutendsten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts, in der die Autorin die Ausformungen des tätigen Lebens in der modernen Welt einer Analyse unterzieht.
Mit Werken von Lida Abdul, Marcel Dzama, Maria Lassnig, Mark Manders, Renzo Martens, Kris Martin, Adrian Paci, Susan Philipsz.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Human Condition ist auch Teil unserer Schwerpunktreihe So lebt der Mensch, in der Bedingungen des Menschseins in den Kontext einer musealen Bearbeitung gestellt werden. Inspiriert vom philosophischen Werk Hannah Arendts, die in Vita activa das „tätige Leben“ scharfsinnig analysierte, reflektieren die beiden Ausstellungen Der schaffende Mensch und Human Condition einander gleichermaßen bedingend wie ergänzend aus den Perspektiven der zeitgenössischen Kunst und der Kulturwissenschaft die Grundbedingungen des Menschseins und deren Veränderungen in einer globalisierten Gesellschaft.