Die einzelnen Elemente wirken wie natürlich gewachsen, fließen ineinander und verspinnen auf symbolischer Ebene Erinnerungen und Imaginiertes. In ihrer Fragilität weckt die Säule Assoziationen von Verletzlichkeit, gleichzeitig wächst sie förmlich über sich hinaus, um stramm und ungebrochen hoch bis zur Decke zu ragen. Eine netzartige Wand (2016) aus Seide und einem Baumwoll-Leinengemisch bildet eine sanfte Barriere zu Herbert Brandls in Bronze gegossener Baumwurzel, die stellenweise bedrohlich in die Umgebung ragt. Wie Kleidung den menschlichen Körper vor äußeren Einflüssen schützt, legt sich die textile Wand behütend zwischen Besucher*in und Bronzeskulptur mit deren stellenweise bedrohlich wirkenden Verästelungen. Das Verbindende der beiden Werke durch psychologische Aufladung einerseits und räumliche Bezüge andererseits, sind hier am Deutlichsten.
Automatisch legt Edelgard Gerngross‘ feinfühliger Umgang mit dem Material subjektive Zusammenhänge nahe. Fast wirken ihre Arbeiten wie Selbstporträts, zur Skulptur gewordene Emotionen, die durch die Hände der Künstlerin greifbar werden. Die intuitive Herangehensweise, mit dem sich Gefühle und Gedanken in den Werken manifestieren, ist deutlich zu spüren. Die Arbeiten entstehen aus einer inneren Bereitschaft heraus und bergen Erfahrungen oder Themen, die in der Künstlerin schlummern, bis sie bereit sind, skulpturale Gestalt anzunehmen. Dabei vermitteln sich die Spezifika des Konstruierens – von der Materialauswahl über das Gestalten bis hin zur Betrachtung durch andere – ebenso intuitiv wie die Werke selbst entstanden sind. Auch die Natur in Form von Fundstücken (Steine, Hölzer, Kristalle, Heu etc.) webt sich ein und wird Teil des menschlichen Seelenzustands, den Edelgard Gerngross skulptural übersetzt.