Erwin Wurm

Fußballgroßer Tonklumpen auf hellblauem Autodach

24.03. - 20.08.2017

Bildinformationen

Laufzeit

24.03. - 20.08.2017

Eröffnung

Do, 23. März 2017, 19 Uhr

Ort

Kunsthaus Graz, Space01

Kuratiert von

Günther Holler-Schuster

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Über die
Ausstellung

„Auf dem rechten Knie eines Liegenden aus Stein von Fritz Wotruba liegt eine Extrawurstsemmel mit Gurkerl.“ Was sehen Sie vor Ihrem geistigen Auge, wenn Sie diesen beschreibenden Satz hören? Die Skulptur beginnt in Ihrer Vorstellung zu existieren.


Erwin Wurm im Kunsthaus Graz

Von Objekt und Mensch

Eine Ausstellung von Erwin Wurm (*1954 in Bruck an der Mur) im Kunsthaus Graz bedeutet nicht, das Werk dieses wohl renommiertesten österreichischen Gegenwartskünstlers retrospektiv zu zeigen. Vielmehr wird in diesem Zusammenhang das Gebäude selbst die Rolle eines Generators einnehmen und aktiver Bestandteil des Geschehens sein.

In Wurms Werk zeichnen sich bis heute wesentliche Entwicklungslinien von Skulptur im 20. und 21. Jahrhundert ab – über das Objekt zur Handlung und weiter zur Bildwerdung, im Wissen um eine zunehmende Mediatisierung von Welt. Auch der zunächst aus vielen künstlerischen Werken eliminierte Mensch kehrt wieder zurück – über das Performative kommt das Anthropomorphe erneut ins Spiel. Anwesenheit und Abwesenheit ziehen sich als Fragestellungen durch Wurms Werk, wobei gerade Absenzen (von Objekt und Mensch) die Kraft der Imagination stimulieren.

Die Ausstellung nimmt ihren Ausgangspunkt bei der offenen architektonischen Struktur des Kunsthauses. Elemente des Performativen, Partizipativen und der skulpturalen Setzung werden dabei zueinander und zum Haus in Beziehung gebracht. Dabei beginnen sich sowohl räumliche als auch zeitliche Strukturen potenziell aufzulösen und die Ausstellung zu verändern. Die satirische Kraft in Wurms Arbeiten ist groß, wodurch oft ein vergnüglicher Zugang zu seinen Werken hergestellt wird. Auch wenn es sich dabei um eine perfekt platzierte Falle handeln mag, ermöglicht diese für viele einen schnellen Einstieg ins Werk. Die Vielschichtigkeit und Komplexität der formalen Kraft von Erwin Wurms Werken steht in dieser Ausstellung jedoch im Vordergrund.

Erwin Wurm im Gespräch, 13.06.2017, Kunsthaus Graz

Biografie Erwin Wurm

Rundgang für Eilige

Erwin Wurm Fußballgroßer Tonklumpen auf hellblauem Autodach

Erwin Wurm wollte ursprünglich Maler werden,
die Kunstuniversität nahm ihn aber
in die Bildhauerei auf.
Er war ratlos: Was macht man als Bildhauer?
Seitdem beschäftigt er sich damit,
was Bildhauerei eigentlich bedeutet:
Raum erzeugen, Formen bilden,
Körper schrumpfen und ausdehnen.

Dateigröße: 35 KB

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Der Kurator über die Ausstellung

"So ist die Ausstellung im Kunsthaus Graz keine künstlerische Leistungsschau im herkömmlichen Sinn, in der Erlesenes zur Präsentation kommt, sondern ein Experiment, das der Künstler dankenswerterweise bereit war einzugehen. Die bisher in der Arbeit von Erwin Wurm nicht wesentlich vorkommende Auseinandersetzung mit der Architektur, die konsequente Weiterführung der One Minute Sculptures durch eine weitere Zuspitzung des Aspekts des Imaginären sowie die direkte Konfrontation der eigenen Vorstellungen mit Werken anderer Künstler – all das kann als Novität bezeichnet werden und gibt dieser Ausstellung einen so besonderen Stellenwert.

Der ursprüngliche Grund für diese Schau ist die Zuerkennung des „Würdigungspreises des Landes Steiermark für bildende Kunst“ 2015 an Erwin Wurm. Der Zeitpunkt für diese Ausstellung könnte kaum besser gewählt sein, befindet sich der Künstler doch gegenwärtig am vorläufigen Zenit seiner künstlerischen Entwicklung."

(Günther Holler-Schuster, Auszug aus der Ausstellungspublikation)

Erwin Wurm

Fußballgroßer Tonklumpen auf hellblauem Autodach

Erwin Wurms Beziehung zu Graz ist eine
vielfältige. Als Stadt seiner Jugend war
sie auch für seine künstlerische Sozialisa-
tion prägend, erste Erfolge zu Beginn der
1980er-Jahre fanden hier statt.

Dateigröße: 8 MB

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Von Wortskulpturen und One Minute Sculptures

Wortskulpturen 2017

Die Abwesenheit der Skulptur ist der „Nullpunkt“, an dem Erwin Wurms Überlegungen um und über skulpturale Aspekte des Lebens ansetzen. So erzählt etwa eine Serie aus den frühen 1990er-Jahren von Objekten, die einzig durch deren Umrisse, die sich auf staubigen Podesten abgezeichnet haben, sichtbar werden. Die Antwort auf die Frage, was da gestanden haben mag, bleibt der Vorstellungskraft der Betrachter/innen vorbehalten.

Einem ähnlichen Ansatz folgt Wurm auch in der Arbeit Wortskulpturen. Die Podeste im Ausstellungsraum, auf denen man Skulpturen erwarten würde, sind entweder mit Menschen besetzt oder leer. Wer sich den Personen nähert, erhält die verbale Beschreibung der Skulptur, die an ihrer Stelle zu sehen sein könnte: „Geruchsblock zieht mit einer Person durch das Zimmer“, „Fußballgroßer Tonklumpen auf hellblauem Autodach“, „Über ein Bett gehen und dabei einsinken wie im Schnee und eine Spur hinterlassen“, „Zweifel liegt auf Hoffnung, Hoffnung atmet aus“.

Die Sprache, der sich Wurm dabei bedient, liegt zwischen nüchtern beschriebenen Materialangaben und Poesie. Eine weitere Spitzfindigkeit liegt in dem Umstand, dass die Entmaterialisierung der Skulptur zum Text führt, während dieser wiederum das aufgelöste Material behandelt. Anders als in den One Minute Sculptures, für die Erwin Wurm Besucher/innen auffordert, eine Minute lang in teils absurd anmutenden Positionen zu verharren, wird Skulptur hier nicht durch körperliche Erfahrung erlebbar, sondern entsteht einzig und allein durch die Vorstellungskraft der Betrachtenden. Unter dem Titel tief Luft holen und Luft anhalten erscheint zu diesem Projekt ein Künstlerbuch, das 40 imaginierte Skulpturen umfasst.

(Auszug aus der Ausstellungspublikation)

Presseberichte

"Kunst mit dem „normalen“ Leben zu verknüpfen, ist seit Langem Methode in Wurms Schaffen. Dinge des Alltags –vom Einfamilienhaus bis zum Essiggurkerl – nimmt der Künstler ernst wie Hervorbringungen von Künstlerkollegen." 
Am Anfang ist das Wort
Kleine Zeitung, Walter Titz, 24. März 2017 

"Erwin Wurm porträtierte sich ja schon wiederholt als Gurke – immer mit dem Verweis, dass die Wurstsemmel mit Essiggurkerl bestimmend für sein Leben gewesen sei. Da also auch dieser "Gurk" ein Wurm ist, nennt sich die Doppelskulptur wie eine Speise im Gourmettempel: "Rauschenberg an Wurm"."
Erwin Wurm in Graz: Land der Berge und Skulpturen
Kurier, Thomas Trenkler, 27. März 2017

"Ein 40 mal 400 Meter großer rosafarbener Pullover, von dem eigentlich normal große Ärmel scheinbar winzig wie die eines aufgeblähten Babys in den Raum hängen. Wir vermuten, dass das Baby, das den Pulli einst getragen hat, mit einem Fatcar mit hellblauem Autodach auf der Flucht ist."
Erwin Wurm in Graz: Wurstsemmel und Wortskulpturen
Der Standard, Colette M. Schmidt, 25. März 2017