Der jüngere Ilya Kabakov steht dabei im Dialog mit dem Vordenker der russischen Avantgarde El Lissitzky, der mit seinen Entwürfen maßgeblich das Formenvokabular einer Zeit des Aufbruchs bestimmte und die Kunst direkt in den Dienst einer Gesellschaftsreform stellte.
In über 40 Originalarbeiten El Lissitzkys aus den Jahren 1919–1930 sowie beeindruckenden Rekonstruktionen seiner Modelle als räumliche Gesamtkunstwerke werden allgemein verständliche geometrische Formen als konstruktivistische und zugleich politische Visionen spürbar.
Dem gegenüber entwerfen die installativen und malerischen Arbeiten von Ilya Kabakov ein Bild von bodenständiger Realität, gepaart mit konzeptueller Metaphysik.
Die Ausstellung im Kunsthaus Graz folgt dem Jahresthema sowie dem Untersuchungsschwerpunkt zum Thema „Utopie in der Kunst“.
Die utopische Architektur des Kunsthauses, das dem Ideal einer demokratischen Gesellschaftsordnung die offene, fließende Form eines organischen Miteinanders verlieh, inspirierte die Künstler zu einem Spaziergang durch zwei im Halbkreis angeordnete, gegenüberliegende Weltanschauungen. Anders als in Eindhoven, wo in einem linearen Raum die Arbeiten nach Themen gegliedert und in direkte Gegenübergestellungen von Arbeitsthemen gesetzt wurden, entsteht im Kunsthaus Graz ein paralleles Nebeneinander von Universen sowie ein dekonstruierendes Aufeinandertreffen von Fiktionen, Realitäten und Zeiten.
Die Werke der Künstler werden in je 6 Themen vom Aufbruch in den Raum bis hin zur unrealisierten Utopie unterteilt und treffen letztlich in einem gemeinsamen großen Zentralraum aufeinander.
Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen Katalog, produziert vom Van Abbe Museum, Eindhoven, mit Texten von Charles Esche, Boris Groys, Anton Vidokle u. a.
El Lissitzky und Ilya Kabakov sind Repräsentanten der ehemaligen Sowjetunion, die für die zwei aufeinanderfolgenden Generationen des Aufbruchs und der Implementierung der kommunistischen Visionen stehen und diese bildgewaltig kon- und dekonstruieren.