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Die Arbeiten von Gabriela Golder bilden den Abschluss der Interventionen unter dem Titel „Sol LeWitt’s Wall. Performed“

 

Graz, 10.05.2024

 

 

Seit dem 20-jährigen Jubiläum des Kunsthauses Graz im September 2023 treten Künstler*innen in einen sprachanalytischen, historischen und konzeptionellen Dialog mit dem monumentalen Werk Wall von Sol LeWitt. Neben Ausstellungen von Franz Vana, Renate Krammer und Alicja Kwade, fand eine Vielzahl performativer Interventionen statt. Den Abschluss macht nun die argentinische Künstlerin Gabriela Golder, ehe die Wall, nach 9 Monaten wieder abgebaut wird.

Die Arbeiten der argentinischen Künstlerin Gabriela Golder bilden den Abschluss der Interventionen "@ Sol LeWitt’s Wall. Performed", Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

Wie zusammen leben? fragt die Künstlerin Gabriela Golder (*1971). Ihre Videos erforschen die Traumata der Grenze und die Notwendigkeit von Beziehungen über Hindernisse hinweg. Unterstützt von Sol LeWitts Wall berichten sie von der Bedeutung, Erfahrungen zu teilen und zu bewahren, um Zukunft zu gestalten.

 

Zwei mehrteilige Videoarbeiten der Künstlerin sind im Obergeschoss des Kunsthauses Graz zu sehen. Kinder lesen die Briefe ihrer im Exil lebenden Eltern, während der scheinbar endlose Himmel ein Dach für uns alle bildet. Golders erzählerische Auseinandersetzung mit der Wall bezieht sich auf die Mauer als Grenze durch den Raum. Die Arbeiten – beide konzeptuell und seriell – befassen sich mit dem Zusammenleben und dem Umgang mit Hindernissen und Traumata. Beim Eingang öffnen sieben blaue Himmel virtuelle Fenster in den Süden des geschlossenen Kuppelraums und lassen das Publikum in eine alles verbindende blaue Weite schauen.

"Der Blick in den Himmel beruhigt mich. Und so habe ich angefangen, Himmel zu sammeln, meinen eigenen Himmel, den Himmel von Freunden in anderen Städten. Wir alle schauen in den Himmel." (Gabriela Golder, 2021)

Sieben blaue Himmel öffnen sich den Besucher*innen am Eingang. Sie gehören zu "52 shades of blue", einer Arbeit, die während der Pandemie entstanden ist, Foto: Kunsthaus Graz/Martin Grabner

Die sieben hochkantig aufgestellten Monitore gehören zu 52 shades of blue, einer Arbeit, die während der Abgeschiedenheit der Coronapandemie 2021 entstand. Gleichzeitig stehen im geschützten Innern der Wall Kinderstühle vor sechs Monitoren. Für die Arbeit Letters ließ Gabriela Golder Kinder im Alter von acht bis 12 Jahren Briefe vorlesen. Es sind Briefe aus den 1970er-Jahren, die Eltern und Familienmitglieder an ihre eignen Kinder oder Verwandte geschrieben haben. Häufig fragen sie darin nach den Hausaufgaben, oder neuen Spielen. So, als ob gerade die alltäglichen Dinge das sind, was uns verbindet und damit trägt.

 

Die Briefe stellen eine Sichtbarmachung und eine gleichzeitige Versicherung der Existenz dar. Zudem erfahren wir viel über Beziehungen zwischen den Generationen. Alle im Video von Kindern vorgetragenen Briefe stammen aus einem nach der argentinischen Diktatur gesammelten Archiv, das sich dem Erinnern widmet, und Briefe aus der Zeit von 1975 bis 1983 sammelte. Es kamen mehrere tausend Briefe zwischen politischen Gefangenen und ihren Familien zusammen, die heute als Archiv des Widerstandes und als kollektives Gedächtnis gegen das Vergessen dienen. 

 

Die Filme zeigen im Zusammenspiel mit der offenen Mauer von Sol LeWitt „wie man affektive Bindungen aufrechterhalten kann, wie man weitermachen kann, wie man Geschichten von Liebe, Angst, Schmerz, Tod, Exil, Kindern und Überleben teilen kann“. Golder schreibt: „Kinder helfen (mir) zu dekonstruieren. Kinder können die Welt durch eine Lektüre dekonstruieren, die sich nicht ungestört fortsetzt, sondern Fehler, Risse aufweist, und das schafft Raum für Fragen. Kinder stellen Fragen, wenn für sie der Zeitpunkt ist. Sie nehmen den Wörtern ihre Dichte, und mit ihren Stimmen, ihren Schwierigkeiten beim Lesen, füllen sie sie mit Fragen. Kinder erreichen, dass alles einfacher zu verstehen ist. Aber das hat nichts mit Naivität zu tun. Es sind Formen, die Wörter – und die Welt – neu zu begreifen.“  

 

Als Argentinierin, die unter der Militärdiktatur aufgewachsen ist, schafft Golder eine erfahrbare Intervention, die sich für Erinnerung und Kontinuität einsetzt. Ihre Werke reflektieren die Wall von Sol LeWitt und werden dabei ein erfahrbares Plädoyer für das Teilen, aber auch das Bewahren von gemeinsamen Erfahrungen, um von hier aus in die Zukunft zu schauen.

Die Arbeit "Letters" erforscht die Traumata der Grenze und die Notwendigkeit von Beziehungen über Hindernisse hinweg, Foto: Kunsthaus Graz/Martin Grabner

Zur Künstlerin
Gabriela Golder ist Professorin an der Nationalen Universität Tres de Febrero, Direktorin der Biennale der bewegten Bilder und Kuratorin einer experimentellen Film- und Videoreihe im Museum für moderne Kunst in Buenos Aires. Golders Arbeiten wurden an zahlreichen internationalen Orten ausgestellt, darunter Sharjah Biennial (2023); Museo Nacional de Bellas Artes de Chile (2020); 21st Bienal de Arte Contemporánea Sesc_Videobrasil, Sao Paulo, Brasilien (2019); Bienalsur, Buenos Aires (2019); Jakarta Biennial, Indonesien (2017); Whitechapel Gallery, London (2017); Dazibao, Montreal (2016); Dissonance, Getty Center, Los Angeles (2016).

 

Veranstaltungshinweis:

11.05.2024, 11 Uhr
Transdisziplinäres Ausstellungsgespräch über das Zusammenleben, die Behandlung von Trauma, Exil und Dislokation.
Mit: Gabriela Golder, Werner Kröll (Verein Zebra) und Katrin Bucher Trantow

 

 

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Gabriela Golder
@ Sol LeWitt’s Wall. Performed 

 

Eröffnung: 10.05.2024, 18 Uhr im Rahmen von „aktuelle kunst in graz“ mit einer Leseperformance von Gabriela Golder, Carla Ganser und Wera Köhler
Laufzeit: 11.05.–09.06.2024
Kuratiert von Katrin Bucher Trantow
Ort: Space01
Kunsthaus Graz, Lendkai 1, 8020 Graz
www.kunsthausgraz.at

 

Bildmaterial zum Download finden Sie unter: GABRIELA GOLDER 

 

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Mit herzlichen Grüßen

 

Daniela Teuschler
+43/664/8017-9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at
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