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Mit zwei neuen Ausstellungen wartet das Kunsthaus Graz nach dem Lockdown auf

26.11.2021

 

Sobald der Ausstellungsbetrieb wieder aufgenommen werden kann, warten im Kunsthaus Graz zwei neue Ausstellungen darauf, entdeckt zu werden: Das Künstler*innenpaar Helmut und Johanna Kandl widmet sich in der Ausstellung Palette der Entstehung und Gewinnung von (Mal)-Materialien, die hinter einem Werk stehen, während die dänische Künstlergruppe SUPERFLEX das ambivalente Verhältnis des Menschen zu Geld, Wachstum und zur Finanzspekulation thematisiert.

 

Helmut & Johanna Kandl. Palette
Der neuen Ausstellung von Helmut & Johanna Kandl im Kunsthaus Graz mit dem Titel Palette geht eine langjährige Recherche voraus. Seit etwa 2014 beschäftigt sich das Künstler*innen-Paar mit der Frage, woher die Farben, Pigmente oder Bindemittel stammen, die in Gemälden zum Einsatz kommen. Johanna Kandl, deren Eltern ein Malereigeschäft in Wien hatten, studierte Restaurierung und setzte sich eingehend mit Farben und Materialien auseinander, vermisste aber immer die Beschäftigung mit der Herkunft der Rohstoffe, die ganz selbstverständlich in der Kunst eingesetzt werden. Auf ihren Reisen und bei ihren Recherchen fokussieren Helmut & Johanna Kandl auf diesen blinden Fleck der Malerei. Die Werke in der Ausstellung, die von Malerei und Grafik über Videodokumentationen bis zu Gesteinsproben reichen, geben Einblicke in ihre Arbeitsweise und machen die Ergebnisse sichtbar. „Die umfangreichen Sammlungen des Joanneums sind ein Fundus von Objekten. Umfangreiche Sammlungen haben viele Museen, was bei diesem Projekt jedoch besonders war, sind das Wissen und die Expertise der Mitarbeiter*innen, von dem wir zehren konnten“, beschreibt Johanna Kandl die Zusammenarbeit.

 

Helmut und Johanna Kandl im Kunsthaus Graz, Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

So werden in der Ausstellung neben ökonomischen, sozialen und kulturellen Themen auch ökologische Aspekte angesprochen. Dabei zeigt sich, welche Bedeutung die Produktion von Malmaterialien für die Ökonomien vor Ort hat, vor allem für Frauen, die etwa durch das Pflanzen von Akazien eine Möglichkeit wirtschaftlicher Unabhängigkeit sehen und damit zugleich einen ökologisch wertvollen Beitrag gegen die Ausbreitung der Wüsten liefern. Pigmente, also die farbgebenden Substanzen, sind meist mineralisch, d. h. Produkte des Bergbaus. Zumal Helmut & Johanna Kandls Arbeitsweise oft auch ein „Ausufernlassen“ der Themen beinhaltet – ein Nachgehen von Randthemen, was den Blick zu öffnen vermag –, zeigt das Künstlerpaar beispielsweise Zusammenhänge von Bergbau mit Mythologie, Zwergen oder mit der Musikrichtung Heavy Metal auf. Auch lokalen Bezügen wie der Rolle Erzherzog Johanns für Bergbau und Tracht wird Raum gegeben. Augenscheinlich beruhen die Arbeiten des Künstlerpaares auf umfassender, gründlicher und solider Recherche, die Helmut & Johanna Kandl als werkimmanent beschreiben: „Das Wunderbare bei diesen Recherchen ist, dass wir so viele interessante, kompetente und hilfsbereite Menschen kennenlernen, egal ob es Wissenschaftler*innen in Wien, Graz, Dresden, Montpellier oder Jakarta sind, oder Minenarbeiter*innen und Fachleute im Iran, in Marokko, der Slowakei oder Eisenerz, oder auch Köhler*innen und Pecher in Niederösterreich, Jäger in Jakutien oder Künstlerkollegen*innen in Karthoum und Teheran.“

 

So zeigt die Ausstellung Palette künstlerische Arbeiten von Helmut & Johanna Kandl gemeinsam mit Kunstwerken, Mineralien, Pflanzen und volkskundlichen Objekten aus den Sammlungen des Universalmuseums Joanneum und verbindet künstlerische, kulturhistorische und naturwissenschaftliche Forschung.

 

Weitere Perspektiven auf das facettenreiche Werk von Helmut & Johanna Kandl zeigt die Schau Helmut & Johanna Kandl. Viva Archiva!, in der Landesgalerie Niederösterreich (06.11.2021–20.02.2022). Zu den beiden Ausstellungen in der Landesgalerie Niederösterreich und im Kunsthaus Graz gibt es einen gemeinsamen Katalog.

Ausstellungsansicht, „Helmut & Johanna Kandl. Palette“, 2021, Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

SUPERFLEX. Sometimes As A Fog, Sometimes As A Tsunami 

2017 startete die dänische Künstlergruppe SUPERFLEX ihr Fünfjahresprojekt im

Kunsthaus Graz. Dieser Rahmen wurde für die Umsetzung von Projekten genutzt, die sich mit kapitalistischen Ökonomien beschäftigen.

 

Der Zyklus begann mit C.R.E.A.M., dem Fetisch-Bankomaten im Herzen des Kunsthaus-Foyers. 2018 realisierten SUPERFLEX den Free Shop, 2019 wurde Number of Visitors (mit Jens Haaning) über dem Haupteingang realisiert, 2020 folgte Lost Money / Handful. Diese Projekte thematisieren die Fetischisierung des Geldes, den Verfall von Werten, die Umkehrung von Geldtransaktionen und nicht zuletzt die ökonomischen Bedingungen und Kriterien, denen Kulturinstitutionen heute unterworfen sind. Den Abschluss des Zyklus bildet nun die Einzelausstellung mit dem Titel Sometimes As A Fog, Sometimes As A Tsunami. Sie konzentriert sich auf die Instabilität des Kapitalismus, die der spekulativen Natur der Finanzmärkte und -instrumente innewohnt

Ausstellungsansicht, „Helmut & Johanna Kandl. Palette“, 2021, Foto: Kunsthaus Graz/M. Grabner

In und mit der Ausstellung untersuchen SUPERFLEX den auflösenden Faktor kapitalistisch orientierten Handelns auf Gesellschaft. Der Kapitalismus erscheint dabei als eine flüssige Form, die in jede Ritze und jeden Winkel der Welt einsickert – „manchmal wie ein Nebel, manchmal wie ein Tsunami“, wie der Titel sagt. Die Ausstellung versammelt eine Reihe von Werken, die von der Auflösung von Werten, Strukturen und Zeit sprechen, und bietet ein räumlich-visuelles Setting, in das die Besucher*innen physisch eintreten können. Sie bildet dabei ein Scharnier zwischen einer Reihe von kapitalismuskritischen Arbeiten, mit denen SUPERFLEX bekannt wurden, und jenen der jüngeren Vergangenheit, die die Vorstellungen von Gemeinschaft insofern erweitern, als unter Einbeziehung von Pflanzen und Tieren eine neue Form von Zusammenleben zwischen den Arten möglich werden soll.

"We are all in the same boat", Ausstellungsansicht, SUPERFLEX, "Sometimes As A Fog, Sometimes As A Tsunami, Kunsthaus Graz 2021, Foto: Kunsthaus Graz/M. Grabner

Sometimes As A Fog, Sometimes As A Tsunami wird von einer Publikation begleitet, die das Interesse von SUPERFLEX an Wertesystemen widerspiegelt. In vielen ihrer Arbeiten gelingt es SUPERFLEX, Wertungen zu verschieben und alternative Wertehierarchien zu befördern. Rezipient*innen, in diesem Fall die Käufer*innen des Buches, werden in diesen Prozess um Wert und Wertgenerierung miteinbezogen: Sie können zwischen verschiedenen Preisen wählen, die unterschiedlichen Wertbildungen entspringen. Inhaltlich gibt das von Rasmus Koch Studio gestaltete Buch Einblick in die Ausstellung Sometimes As A Fog, Sometimes As A Tsunami im Kunsthaus Graz und rückt die gezeigten Werke in einen größeren diskursiven Zusammenhang.

 

 

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Helmut & Johanna Kandl. Palette
Kuratiert von Barbara Steiner und Katia Huemer 
SUPERFLEX. Sometimes As A Fog, Sometimes As A Tsunami
Kuratiert von Barbara Steiner

Kunsthaus Graz, Lendkai 1, 8020 Graz
Laufzeit: 26.11.2021-13.03.2022

 

 

 

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Anna Fras
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