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Graz, am 10.04.2025
Gerhard Rühm hat am 12. Februar 2025 seinen 95. Geburtstag gefeiert. Der Poet, Dramatiker, Zeichner, Maler, Collagist, Konzeptualist, Performer, Komponist, Musiker und Interpret seiner eigenen Werke ist einer der letzten lebenden Legenden der österreichischen Nachkriegsavantgarde. Zehn Jahre nach seiner ersten Retrospektive im BRUSEUM blickt die Neue Galerie Graz erneut auf das vielschichtige Schaffen des Polyartisten.
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Kurator Roman Grabner neben einem Porträt von Gerhard Rühm (1962) in der Ausstellung, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
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Die Ausstellung gerhard rühm. noch immer jetzt ist lose chronologisch aufgebaut und folgt dem Künstler anhand wesentlicher Werkgruppen durch die Jahrzehnte. Im Unterschied zur ersten Retrospektive liegt der Fokus einerseits auf zyklischen Arbeiten und anderseits auf einer diachronen Darstellung zentraler Begriffe wie „Jetzt“, die Beziehung zwischen „ich und du“ oder der Reflexion der Zeitgeschichte.
Jetzt ist Gegenwart
1958 hat der Künstler unter dem Titel wortgestaltung – lautgestaltung in der Galerie Würthle in Wien seine erste Ausstellung, die zugleich die international erste Schau visueller Poesie ist. Als Einladungskarte wählt Rühm damals eine Typocollage, auf der zwölfmal das Wort „Jetzt“ in unterschiedlichen Schriftgrößen zu lesen ist. Das Gegenwartserlebnis, das „Jetzt“ ist einer der zentralen Begriffe in Rühms umfangreichen Œuvre. Die retrospektive Werkschau in der Neuen Galerie Graz heißt daher auch noch immer jetzt, da einerseits der Schaffensdrang des Künstlers auch nach 70 Jahren ungebrochen ist und andererseits sowohl Werk als auch Künstler ganz im Hier und Jetzt angesiedelt sind. Jede Begegnung mit einem Bild, jede Auseinandersetzung mit einem Begriff oder Text, jedes Erlebnis von Musik ist eine Augenblickserfahrung.
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Neben vielen Zeichnungen mit Bleistift zeigt die Ausstellung auch Werke aus einer Phase von Rühm, in der er vermehrt mit Tusche gearbeitet hat, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
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Ein „radikaler Komponist“
Gerhard Rühm wird 1930 als Sohn eines Kontrabassisten der Wiener Philharmoniker in Wien geboren. Er wächst in einem überaus musikalischen Umfeld auf und studiert Klavier und Komposition an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Nach einem längeren Aufenthalt im Libanon, wo er sich mit orientalischer Musik beschäftigt, wird er Anfang der 1950er-Jahre in der Wiener Kulturszene als „radikaler Komponist“ bekannt, der „ein-ton-musik“ verfasst. Er freundet sich mit Arnulf Rainer an und 1952 entstehen mit seinen Spiral- und Strahlenzeichnungen erste bildnerische Arbeiten.
Seine ersten Lautgedichte, die ebenfalls 1952 entstehen, sieht er als „versuche, den eben in der malerei erfundenen tachismus auf die poesie zu übertragen“. Die Worte werden de-konstruiert, in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und als Laut-, Schrift- und Bildmaterial zum Einsatz gebracht. 1957 entstehen reine fotomontagen, die gänzlich auf Schrift verzichten.
Mitbegründer der Wiener Gruppe
Mit H. C. Artmann, Konrad Bayer, Oswald Wiener und Friedrich Achleitner ist Rühm einer der Mitbegründer der Wiener Gruppe, die ab 1954 sprachliche Versatzstücke und literarische Formhülsen zu Dichtung macht, gefundene Typografien und Zeitungsrisse zu Sprachbildern und Buchstaben und Einzelwörter zu Klangerlebnissen. Entscheidend ist das Verständnis der Sprache nicht nur als Möglichkeit der Mitteilung, sondern als Material. Alles, was zum Sprachmaterial des Menschen gehört, Laute und Lettern, Ziffern und Zahlen, Wortbildungs- und Satzbaustrategien, Schriftzüge und Schriftbilder, dient Rühm als Werkzeug, um die Bedeutungs- und Ausdrucksqualität der Sprache zu erweitern.
Es entsteht ein umfangreicher Werkblock visueller Poesie, die Ausdrucksformen wie schreibmaschinenideogramme, fototypocollagen, zeitungsrisse, zeitungscollagen, schriftzeichnungen oder skripturale meditationen beinhaltet. Sein gattungsübergreifender, intermedialer und performativer Ansatz hat dabei eine Reihe von wichtigen künstlerischen Tendenzen des 20. Jahrhunderts wie Happening oder Conceptual Art vorweggenommen.
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Rühms visuelle Musik soll alleine „mit den augen wahrgenommen werden und nur im ‚inneren ohr’, synoptisch, vage akustische vorstellungen wecken“, so Rühm. Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
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Bei aller Vielseitigkeit der Medien und künstlerischen Ausdrucksmittel bleibt Rühm stets ein obsessiver Zeichner, der sich dem experimentellen Umgang mit dem Bleistift, dem Papier und den Ausdrucksmöglichkeiten der Linie widmet. Mitte der 1980er-Jahre begründet Rühm in Analogie und als musikalisches Pendant zur visuellen Poesie die visuelle Musik. Ausgehend von der Ordnungsstruktur des Notenpapiers werden Text und Zeichnungen in das geometrische Raster der Notenlinien eingetragen und evozieren so etwas wie Musik im Kopf.
Ein Schaffen abseits der klassischen Konventionen
Gerhard Rühm hat sein Leben lang die Grenzen der traditionellen Kunstgattungen beständig erweitert und neue poetische Verfahrensweisen erkundet. „Rühm hat die Sprache als Material neue Ausdrucksqualitäten verliehen. Er hat Sprache als Musik komponiert, Worte als Bilder collagiert oder Schrift als Zeichnung auf die Zerreißprobe gestellt“, erklärt Kurator Roman Grabner.
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Die Neue Galerie Graz hat das Werk des Künstlers durch die Jahrzehnte hindurch kontinuierlich gesammelt und ausgestellt. Gerhard Rühm hat dem Museum aus Freundschaft und Verbundenheit ein umfangreiches Konvolut von Arbeiten aus allen Werkphasen seines Schaffens geschenkt. Die retrospektive Ausstellung konnte daher ausschließlich mit Werken aus der eigenen Sammlung und der großzügigen Schenkung des Künstlers erstellt werden.
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gerhard rühm. noch immer jetzt
Eröffnung: 10.04.2025, 19 Uhr
Laufzeit: 11.04.–05.10.2025
Kuratiert von Roman Grabner
Neue Galerie Graz, Joanneumsviertel, 8010 Graz
www.neuegaleriegraz.at
Den ausführlichen Pressetext und Ausstellungsansichten zum Download finden Sie hier: GERHARD RÜHM
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Wir freuen uns auf Ihre Berichterstattung und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung!
Mit herzlichen Grüßen
Daniela Teuschler +43/664/8017-9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at
Stephanie Liebmann +43/664/8017-9213, stephanie.liebmann@museum-joanneum.at
Eva Sappl +43/699/1780-9002, eva.sappl@museum-joanneum.at
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