UMJ Newsletter Aussendung.

Im neuen „Sammlungskabinett“ des Volkskundemuseums widmet sich die erste Ausstellung historischen Kreuzstichobjekten

 

Graz, am 20. November 2024

 

Mit der Ausstellung „Faden nach Zahlen. Kreuzstich vom Gestern ins Heute“ wird gleichzeitig ein neuer Ausstellungsraum, das Sammlungskabinett, im Volkskundemuseum am Paulustor erschlossen. In diesem besonderen Raum werden in wechselnden Ausstellungen ausgewählte Objekte aus der umfangreichen Sammlung des Museums unter aktuellen Fragestellungen präsentiert. Zum Auftakt widmet sich das Sammlungskabinett der Vielfalt und Geschichte des Kreuzstiches. Ausgewählte Objekte aus der Sammlung des Museums beleuchten diese Handwerkstechnik und ihre Bedeutung im Kontext historischer Gesellschaften und zeitgenössischer Praktiken wie DIY und Craftivism.

Der neue Ausstellungsraum, das Sammlungskabinett, zeigt mit der ersten Ausstellung die Vielfältigkeit von Kreuzstichobjekten, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Faden nach Zahlen. Kreuzstich vom Gestern ins Heute

Der Kreuzstich zählt zu den ältesten Sticktechniken und ist in Varianten allerorts beliebt. Er hält zusammen, verziert und/oder markiert Textilien und auch Gegenstände. In der Sammlung des Museums befinden sich über 300 mit diesem Stich versehene Objekte: Stickmustertücher aus der Zeit des späten 18. bis in das frühe 20. Jahrhundert, mit Kreuzstich verzierte Geschenke oder markierte Heimtextilien und Kleidungsstücke. Ein forschender Blick auf die Materialität der Objekte eröffnet in der Ausstellung überraschende Fragen: Weshalb waren Stickmustertücher lange bunt und vielfältig in ihren Mustern und was hat es mit der gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkommenden Rotstickerei auf sich?

 

Handwerk, Geschmack und Tradition bürgerlicher Frauen

Sogenannte Stickmustertücher sind Zeugnis einer Beschäftigung von anfangs bürgerlichen Mädchen und Frauen und dienten auch der Geschmacksbildung. Mit solchen Arbeiten legten sich Frauen mitunter ihre eigene Mustersammlung an, denn Vorlagenbücher konnten sich nicht alle leisten. Vielfach wurden die Tücher innerhalb der Familie weitergegeben, dabei oft ergänzt und verbessert. Die ältesten Mustertücher aus der Sammlung des Volkskundemuseums sind aus der Zeit des späten 18. Jahrhunderts. Farben und Formen der Motive verweisen auf die Zeit des Empire, des Biedermeier und danach. Diese älteren Stickmustertücher verweisen auf wohlhabendere soziale Schichten, schließlich war Stickmaterial teuer und Stickarbeiten benötigten Zeit, wie sie nur bürgerliche Frauen erübrigen konnten.

 

„Gegenstände beziehungsweise Objekte sind aufgrund ihrer Materialität nicht flüchtig und bleiben als Spuren oder Zeugnisse von Vergangenem zurück. Uns faszinieren heute Farben, Muster und auch handwerkliches Können der Kreuzstich-Objekte aus der Volkskundlichen Sammlung. Die Ausstellung durchleuchtet gleichzeitig die historischen Objekte und fragt nach deren Funktion. Auf diese Weise eröffnet gerade die Sammlung historischer Stickmustertücher eine noch wenig bekannte Geschichte“, so die Kuratorin Birgit Johler.

Kuratorin Birgit Johler zeigt in der Ausstellung die Breite an handwerklichem Können, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Eine Farbgeschichte des Stickens

Bis in die 1880er-Jahre blieben Stickmustertücher vielfältig. Die Alphabete zeigen unterschiedliche Schriftarten, die Motive wirken verspielt und durch die farbigen Abstufungen der Garne entstehen Schattierungen, die eine gewünschte Tiefenwirkung erzeugen. Das kirschrote Perlgarn Nr. 47 ist jenes gezwirnte Garn, das heute in der Steiermark für Kreuzsticharbeiten am häufigsten verwendet wird. Dabei ist die Farbe Rot als Stickgarn erst ungefähr seit 130 Jahren populär. Im Zuge des Historismus wurden Modellbücher aus dem 16. Jahrhundert unter dem Label „altdeutsche Muster“ und als Idealvorstellung eines historischen kollektiven Stilbewusstseins wiederaufgelegt. Gleichzeitig distanzierte sich diese Stilrichtung vom Biedermeier und beschrieb dessen Farb- und Formwelten als „kitschig“. Die Arbeiten wurden einfärbig und die Muster eindimensional. Rotes Garn auf weißem Grund wurde in weiterer Folge als „traditionell“ verstanden, gerade auch von der aufkommenden Volkskunde. Und auch wenn immer wieder blaues Garn verwendet wurde, beschrieb der Volkskundler Franz Lipp die Kombination Rot auf Weiß rückblickend als dominant für das 19. Jahrhundert in Österreich, besonders für Oberösterreich und die Steiermark.

 

Tradition trifft auf DIY und Craftivism

Mit dem Kreuzstich greift das Volkskundemuseum eine aktuell wieder sehr beliebte Handwerkstechnik auf: Akteur*innen der Do-it-yourself- oder der Craftivism-Bewegung schätzen den Kreuzstich und nutzen (subversiv) seine Möglichkeiten. In wechselnder Präsentation zeigt die Ausstellung deshalb aktuelle Gastbeiträge von Sticker*innen und spiegelt damit aktuelle Handwerkspraktiken in Graz und der Region. Besucher*innen sind darüber hinaus eingeladen, diese Technik vor Ort beziehungsweise in Workshops auszuprobieren.

 

Workshops

31.01.2025, 16 Uhr: Einmal kreuzweise. Kreuzstich-Technik zum Kennenlernen
28.02.2025, 16 Uhr: Sprüche Klopfen, Sprüche sticken
28.03.2025, 16 Uhr: Einzelstücke kreuzweise besticken. Kreuzstich-Technik im neuen Look

Anmeldung unter volkskunde@museum-joanneum.at

 

Die Ausstellung und Sammlung des Volkskundemuseums wird ergänzt durch eine Leihgabe des Jüdischen Museums Hohenems.

 

_____________________

Faden nach Zahlen
Kreuzstich vom Gestern ins Heute

Eröffnung: 21.11.2024, 18 Uhr
Zu sehen ab: 22.11.2024

Kuratiert von Birgit Johler
Gestaltet von Erika Thümmel
 

www.volkskundemuseum-graz.at
Volkskundemuseum am Paulustor, Paulustorgasse 11–13a, 8010 Graz

 

Weitere Informationen sowie Ausstellungsansichten zum Download finden Sie HIER

 

 

_____________________

 

 

Wir freuen uns über Ihre Berichterstattung und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

 

 

Mit herzlichen Grüßen

 

Daniela Teuschler
+43/664/8017 9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at

Stephanie Liebmann
+43/664/8017-9213, stephanie.liebmann@museum-joanneum.at

Eva Sappl
+43/699/1780-9002, eva.sappl@museum-joanneum.at