Die Erstsichtung des Seidenbienen-Ölkäfer in Graz-Andritz, Foto: Tamara Polt
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Ein Zufallsfund
Alle heimischen Ölkäfer leben parasitisch an solitären Wildbienen oder Wespen und werden daher meist selten beobachtet. Dabei handelt es sich stets um Zufallsfunde, denn die erwachsenen Käfer sind nur kurze Zeit im Jahr zu beobachten – meist nur in Form von Einzelindividuen. Umso mehr kann von Glück gesprochen werden, dass eine Mitarbeiterin des Universalmuseums Joanneum auf ihrem Balkon im ersten Stock in Graz-Andritz am 21. August von einem Seidenbienen-Ölkäfer angeflogen wurde und diesen fotografisch dokumentierte. Nur drei Tage später erfolgte eine weitere Sichtung in Graz. Diesmal glückte einem Studenten des Institutes für Biologie der Universität Graz eine Fotodokumentation des Käfers im Botanischen Garten. Beide Fotos wurden auf die weltweit führende Meldeplattform iNaturalist hochgeladen und von Spezialist*innen schnell als Besonderheit erkannt.
"Neufunde wie dieser zeigen, dass es sich lohnt, genau hinzusehen und auch den kleinen Tieren Beachtung zu schenken. Ölkäfer haben eine komplexe Ökologie und sind relativ selten. Diesen schönen Käfer direkt auf meinem Balkon anzutreffen, war ein besonderes Erlebnis", so Tamara Polt vom Studienzentrum des Naturkundemuseums, welche den Käfer zum ersten Mal entdeckte.
Dr. Christian Berg, Wiss. Leiter des Botanischen Gartens: „Der Botanische Garten der Universität Graz ist einer der artenreichsten und am besten untersuchten Grünräume der Stadt. Besonders die enorme Vielfalt an Wildbienen ist gut bekannt. Insektenforscher*innen und Studierende des Instituts für Biologie machen hier immer wieder interessante Beobachtungen, in die sich der Neufund dieses Ölkäfers durch einen Studenten unseres Instituts nahtlos einreiht.“
Zur Biologie des Seidenbienen-Ölkäfers
Der optisch attraktive, etwa 12 mm kleine Ölkäfer lebt parasitisch an der Efeu-Seidenbiene, welche sich in den letzten Jahrzehnten stark von Süd- und Südwesteuropa nach Nordosten ausgebreitet hat – und mit ihr der Ölkäfer. Ein trächtiges Weibchen legt bis über 300 Eier wahllos in der Vegetation ab. Die nach zwei bis drei Wochen schlüpfenden Larven locken, sehr wahrscheinlich durch chemische Duftstoffe, männliche Efeu-Seidenbienen an, auf die sie in weiterer Folge klettern. Erst bei der Paarung der Bienen wechseln die Ölkäferlarven auf das größere Bienenweibchen und gelangen so in dessen Bodennest. Dort fressen sie in den Brutkammern der Biene den angelegten Pollen und Nektarvorrat. Im darauffolgenden Jahr schlüpfen die erwachsenen Käfer aus dem Boden, suchen ihren Geschlechtspartner und der Zyklus beginnt von Neuem.
Wie gefährlich sind Ölkäfer wirklich?
Anders als in vielen Medienberichten dargestellt, sind alle Ölkäfer für den Menschen völlig harmlos. Lediglich vom Verzehr der Tiere wird abgeraten, denn die Käfer enthalten in der Körperflüssigkeit das Gift Cantharidin. Nachdem die Käfer in Notsituationen kleine Mengen der giftigen Substanz über Poren an den Beinen abgeben können, empfiehlt es sich, nach Berührung die Hände zu waschen. Bei Schleimhäuten und offenen Wunden ist selbstverständlich ebenso Vorsicht geboten. Lässt man einen Ölkäfer unbeeinträchtigt über die Hand klettern, so gerät er nicht in Bedrängnis und behält seine kostbare Abwehrflüssigkeit für sich. Um die Giftigkeit potenziellen Angreifern zu signalisieren, sind Ölkäfer häufig auffallend gefärbt. Das Farbspektrum reicht hier von blauviolett-schillernd (z. B. der Violette Ölkäfer), bis zu grün-gelb-rot-schillernd wie die Spanische Fliege oder gar schwarz mit auffälligen orange-gelben Streifen (mehrere heimische Arten).
Wie kann ich einen Ölkäfer sicher erkennen?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn die Käfer gibt es in unterschiedlichster Größe und Färbung. Drei heimische Arten sind jedoch mit Abstand am häufigsten anzutreffen. Diese sind der bis über 3 cm große Violette Ölkäfer, der ebenso große Schwarzblaue Ölkäfer und der deutlich kleinere (max. 2 cm) Mattschwarze Herbst-Ölkäfer oder Runzelige Ölkäfer, wie er auch genannt wird. Alle drei Arten sind flugunfähig, da ihre Vorderflügel kurz und ihre Hinterflügel reduziert sind. Durch ihren überproportional dicken Hinterleib und ihre kurzen Beine bewegen sie sich sehr langsam am Boden fort – eine aktive Flucht vor Fressfeinden ist für diese drei Arten unmöglich, was ihre Giftigkeit und ihr auffälliges Äußeres begründet. Bleiben Zweifel bei der Bestimmung, empfiehlt es sich, den gefundenen Käfer zu fotografieren und georeferenziert auf die Meldeplattform iNaturalist hochzuladen. Hier gibt es eine Übersicht der bei uns vorkommenden und bereits hochgeladenen Ölkäferarten: Übersicht.
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