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Die große Jahresausstellung widmet sich in rund 20 Stationen dem gesellschaftlichen Wandel seit dem Mittelalter mit Blick auf die Steiermark

01.03.2023

Die Geschichte des menschlichen Zusammenlebens ist eine der beständigen Bewegung, der Anpassung, der Brüche. Gesellschaft gibt es nur im Modus der Transformation. War das, was uns heute hoch aktuell erscheint, auch schon für das Leben der uns vorangegangenen Generationen bestimmend?

Marko Mele (wissenschaftlicher Dir. UMJ), Christian Teissl (Autor), Helene Thümmel (Ausstellungsgestalterin), Ulrich Becker (Kurator), Walter Feldbacher (Kurator), Bettina Habsburg-Lothringen (Leiterin Museum für Geschichte), v.l., Foto: UMJ/J.J. Kucek

Die Jahresausstellung des Museums für Geschichte in der Grazer Sackstraße geht dieser Frage – mit Blick auf die Steiermark – ab 3. März auf den Grund: Beginnend mit einer Neu-Organisation der lokalen Gesellschaft im Mittelalter wird nachgezeichnet, wie Kriege, klimatische Veränderungen oder technische Innovationen regelmäßig zu Auslösern und treibenden Faktoren gesellschaftlicher Umbrüche werden. In gut 20 Stationen wird schlaglichtartig beleuchtet, was aus diesen Umbrüchen folgt: für das Zusammenleben der Menschen, für die Verteilung von Macht und Einfluss, für das wirtschaftliche Fortkommen oder für das Verhältnis der Geschlechter und Generationen.

 

Von der Etablierung des Feudalsystems bis zur Befreiung der Bauern

So wird im ersten Kapitel der Schau dargestellt, wie die Etablierung des Feudalsystems im Mittelalter zu einer völligen Neuordnung der Gesellschaft führt, aber auch weitreichende Folgen hat, was die wirtschaftliche Entwicklung auf dem Land, die Rechtsprechung und das Gerichtswesen oder die Familie als kleinste gesellschaftliche Einheit anbelangt, über die nun auch die mit dem neuen System in Macht gesetzte katholischen Kirche wacht.

Für die Neuzeit wird veranschaulicht, wie mit den Märkten und Städten neue gesellschaftliche Gruppierungen entstehen, wie aus Bedrohung und Krieg technische Innovationen und der Reichtum für eine neue wirtschaftliche Elite folgen oder der wirtschaftliche Wohlstand des Adels zur Forderung nach Mitbestimmung und religiösen Freiheiten führt.

Die Aufklärung steht für ein neues Menschenbild, Weltverständnis sowie religiöse Toleranz und wird erst dank einer Medienrevolution im 18. Jahrhundert möglich. In der Ausstellung wird deutlich, wie sie zum treibenden Faktor zahlreicher gesellschaftlicher Veränderungen, wie etwa einer Neuausrichtung der Gesundheits- und Sozialpolitik, von Religionsfreiheit oder der Erneuerung des Montanwesens und der Landwirtschaft wird.

 

Die Revolution von 1848, die sich als bürgerliche Bewegung gegen die feudale Ordnung richtet, bringt der Steiermark zwar keine Demokratie im heutigen Sinn, die Ausstellung beschreibt sie aber als eine wichtige Wegmarke dahin: Aus ihr folgt die Möglichkeit zu wählen – zumindest für einen Teil der Bevölkerung –, die Befreiung der Bauern nach 1.000 Jahren Grunduntertänigkeit oder die Schaffung der freien Ortsgemeinden und einer neuen Behördenstruktur.

Die Ausstellung "Wendezeiten" wird morgen im Museum für Geschichte eröffnet, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Zwei konzeptionelle Besonderheiten

Die eben skizzierten wie auch die weiteren Kapitel der Ausstellung zeichnen sich durch zwei konzeptionelle Besonderheiten aus:

Erstens werden die Besucher*innen in den einzelnen Ausstellungsräumen von einer ganzen Reihe und in Summe von rund 50 „Mitspieler*innen“ begrüßt. Diese vertreten einzelne soziale Gruppen, verleihen der Geschichte eine individuelle Note und haben die Aufgabe, zumindest anzudeuten, wie es ist, in einer bestimmten Zeit arm oder reich, alt oder jung, Mann, Frau oder Kind zu sein. Die Figuren zeigen auf, welche gesellschaftliche Gruppe wann eine aktive Rolle einnimmt, wer warum am Rand der Gesellschaft steht oder welche Gruppe vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen neu hinzukommt oder verschwindet.

 

Ein zweites, wesentliches konzeptionelles Moment sind die sogenannten „Bühnen der Gesellschaft“: Teilweise hört man es schon von Weitem – hier kann sich das Publikum dazugesellen und Zeitgenoss*innen zuhören, die über Neuerungen diskutieren, Veränderungen begrüßen oder sich dagegen lautstark zur Wehr setzen. In insgesamt sieben Szenen werden die Wendezeiten hier konkret erfahrbar, u. a. wenn es um Innovationen in der neuzeitlichen Waffenindustrie in Thörl, den Kampf einer Protestantin in Judenburg gegen die katholische Obrigkeit, die Modernisierung des Bergbaus in Vordernberg oder die Neuordnung der ländlichen Welt nach dem Ersten Weltkrieg in der Gegend von St. Veit am Vogau geht. Autor der Szenen, die als Collage aus historischen Quellentexten entstanden sind, ist Christian Teissl, Schriftsteller mit Hang zur Landeskunde.

 

Ein Katalog zur Ausstellung wird voraussichtlich Anfang April 2023 erscheinen.

Für den Ausstellungsbesuch steht ein Audio-Guide zur Verfügung. Weiters werden laufend Überblicksführungen zur Ausstellung angeboten sowie Familienführungen für Groß und Klein. Weitere Informationen zum Programm finden Sie auf der Webseite.

 

 

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Wendezeiten

Gesellschaftlicher Wandel seit dem Mittelalter

Museum für Geschichte, Sackstraße 16, 8010 Graz

Eröffnung: 02.03.2023, 19 Uhr

Laufzeit: 03.03.2023–07.01.2024

Kuratiert von Walter Feldbacher, Ulrich Becker und Bettina Habsburg-Lothringen
Ausstellungsgestaltung: Helene Thümmel
Bühnentexte: Christian Teissl
Information: +43-316/8017-9800, www.museumfürgeschichte.at 

 

 

 

Weitere Informationen sowie Bildmaterial zum Download finden Sie unter: WENDEZEITEN

 

 

 

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Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung!

 

 

 

Mit herzlichen Grüßen

 

 

Daniela Teuschler
+43/664/8017-9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at

Stephanie Liebmann
+43/664/8017-9213, stephanie.liebmann@museum-joanneum.at

Alexandra Reischl
+43/699/1780-9002, alexandra.reischl@museum-joanneum.at