UMJ Newsletter Aussendung.

Die aktuelle Ausstellung der herausragenden deutschen Künstlerin zeigt eine digital und analog ineinandergreifende Installation

20.09.2022

 

Was ist ein Garten, ein Habitat, eine Sphäre, ein „Cave“? Welche Geister leben da und wie zeigen sie sich? In direkter Auseinandersetzung mit dem Kunsthaus Graz schafft die international herausragende deutsche Künstlerin und essayistische Dokumentarfilmerin Hito Steyerl eine digital und analog mehrfach ineinandergreifende Installation im dunklen Kuppelraum des Space01.

 

Kuratorin und interimistische Leiterin des Kunsthauses Graz Katrin Bucher Trantow, Künstlerin Hito Steyerl, Kulturstadtrat Günter Riegler, Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

Am Dach des Eisernen Hauses steht – in Referenz auf Kasimir Malewitsch - ein großes, schwarzes Quadrat aus Solarpaneelen. Im Kuppelraum des Kunsthauses speist seine Energie die interaktive Mehrfachprojektion. Hier entfaltet sich ein verzweigtes Netz von umkämpftem Leben im Informationszeitalter.

Hito Steyerl füllt den Space01 mit animalischen Geistern, die uns über Höhlenmalereien, bedrohende Wölfe und herabhängende Pflanzen unter künstlichem Licht begegnen. Die Mehrfachprojektion trackt Bewegung, Feuchtigkeit und Sauerstoff im Raum. Eine sich stets verändernde Animation folgt einer Wolke aus Licht auf ihrem Weg durch eine Höhle. Analog und digital greifen die Bilder der Animal Spirits ineinander und ziehen uns zwischen Fiktion und Dokumentation in eine utopische Erzählung, in der Raum, Zeit und Fortschritt, aber auch ökonomische und ökologische Repräsentation keine klaren Kategorien mehr sind. 

„Animal Spirits ist ein Begriff, den der britische Ökonom John Maynard Keynes 1936 prägte, um den Einfluss menschlicher Emotionen auf die Märkte zu beschreiben. Furcht und Gier beeinflussen einander und erzeugen eine Sphäre der Irrationalität. Die pseudonaturalistische Idee des ‚Survival of the fittest‘ kontrolliert die menschlichen Vorstellungen der Gesellschaft und des Tausches“, so Hito Steyerl.

 

Film im Zentrum
Animal Spirits ist auch der Titel des narrativen Films im Zentrum der Installation. Ausgehend von den Thesen John Maynard Keynes’ entspannt sich an der Parabel des Wolfs ein Kampf zwischen dem Schäfer Nel - einem YouTuber, Käsehersteller und Widerstandskämpfer - und einer Filmproduktion, die „sein Land und seine Schule der Schäfer“ ohne Interesse an deren Realität oder Zukunft medial verwertet und missbraucht.  Keynes (gespielt vom deutschen Schauspieler Mark Waschke) erläutert den Begriff, während er vor der Kulisse des Berliner Olympiastadions steht. Der Film verbindet historisches Filmmaterial mit Animationen, Motion Graphics und dokumentarischen Interviews, die Steyerl mit Hirten in der spanischen Region Asturien und einer Gruppe von Künstlerkollegen geführt hat. Er berührt Themen wie die postpandemischen Bedingungen kultureller Produktion, die Popularität von Kryptowährungen und NFTs sowie Möglichkeiten für (von Landwirtschaft und Fermentation inspirierte) Systeme der Dezentralisierung und Autonomie.

Hito Steyerl "Animal Spirits" ist ab 22. September im Kunsthaus Graz zu sehen, Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

Hito Steyerl wurde 1966 in München geboren, sie lebt und arbeitet in Berlin. Steyerl gehört zu den bedeutendsten Medienkünstler*innen und fundierten Analytiker*innen einer digitalen, bildgesteuerten Welt. Sie studierte Dokumentarfilmregie am Japan Institute of Moving Image und später an der Hochschule für Film und Fernsehen in München. Das darauffolgende Studium der Philosophie in Wien an der Akademie der bildenden Künste schloss sie mit Promotion ab. Sie hat an der Universität der Künste Berlin eine Professur für Experimentalfilm und Video inne und hat dort das Research Center für Proxy Politics mitgegründet. Seit 20 Jahren werden ihre Arbeiten in Kunstkontexten ausgestellt und international breit rezipiert.

 

Hito Steyerls Arbeiten sind ebenso sachliche wie informierte und ästhetisch polierte, mitunter auch humorvolle und (damit) irritierende Analysen der hoch technologisierten Gesellschaft. Als profunde Kennerin des digitalen Raumes entwickelt sie vor dem Hintergrund der Klimakrise, der Pandemie, der digitalen Revolution, des Neoliberalismus und der damit einhergehenden Veränderung der Bedeutungen von Arbeit, Macht, Kontrolle und Verteilung vielschichtige Erzählungen, die das Bild und die Repräsentation als Ort der Weltwahrnehmung nicht aus dem Blick verlieren. Die Künstlerin folgt dabei der durch „die Technologie erweiterten Realität“ und beschäftigt sich ebenso kritisch wie subversiv mit ökologischen Systemen und ihrer Verbindung zu globalen Finanz- und Warenflüssen, zu Migration und der Frage der Teilnahme an bestehenden Machtgefügen. Sie spielt mit der Manipulationskraft des Visuellen und übt dabei Institutionskritik, die weit über das Museum hinausgeht.

Neben ihrer filmkünstlerischen Arbeit ist Steyerl als Autorin und Performerin tätig. Mit Mark Waschke inszenierte sie für den steirischen herbst 2021 das Stück Ich spiele, also bin ich! Ein digitaler Bauernkrieg. Eine Auswahl ihrer Essays ist in vier Büchern zusammengefasst: Die Farbe der Wahrheit (2008), The Wretched of the Screen (2012), Beyond Representation / Jenseits der Repräsentation (2016), Duty Free Art – Art in the Age of Planetary Civil Wars / Kunst im Zeitalter des globalen Bürgerkriegs (2017/2018).

 

 

________________________

 

 

Hito Steyerl
Animal Spirits


Im Rahmen von steirischer herbst ’22
Kunsthaus Graz, Lendkai 1, 8020 Graz 
Eröffnung: 21.09.2022, 20 Uhr
Laufzeit: 22.09.‒08.01.2023

www.kunsthausgraz.at 

 

Weitere Informationen, das umfangreiche Rahmenprogramm sowie Bildmaterial finden Sie unter Hito Steyerl.

 

 

________________________

 

 

Wir freuen uns über Ihre Berichterstattung!

 

 

 

Mit herzlichen Grüßen

 

 

Daniela Teuschler
+43/664/8017-9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at

Stephanie Liebmann
+43/664/8017-9213, stephanie.liebmann@museum-joanneum.at

Alexandra Reischl
+43/699/1780-9002, alexandra.reischl@museum-joanneum.at