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Mit Anna Brus (1943–2025) ist eine der letzten Zeitzeuginnen des Wiener Aktionismus verstorben

Graz, am 7. April 2025

 

 

Seit 1961 war sie die Frau und Gefährtin von Günter Brus und als solche Stütze, Inspiration und Mit-Akteurin seiner Aktionen. Sie war seine Managerin, sein ultimativer Rückhalt und seine schärfste Kritikerin. Das Werk des Künstlers ist ohne die unterstützende Kraft seiner Frau nicht zu denken.

 

Ihre kämpferische Haltung und ihr gewinnendes Lachen wird jenen, die sie kannten, in Erinnerung bleiben, Foto: Christian Jungwirth

Das Leben von Anna Brus

Aus einfachsten Verhältnissen kommend, fand sich die gelernte Schneiderin in den 1960er-Jahren mitten im Zentrum der österreichischen Nachkriegsavantgarde. Anna Brus gilt als wichtigste weibliche Mitwirkende bei den Aktionen der frühen 1960er-Jahre. Sie war Co-Akteurin und Gesprächspartnerin nicht nur für Günter Brus, sondern auch für Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler, die ihr eigene Aktionen widmeten. Mit Hermann Nitsch verband sie eine tiefe Freundschaft. Ihre unterstützende Rolle war für die Aktionisten von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Als einzige Frau war Anna Brus die ganze Zeit über gleichberechtigt in die Gruppe integriert. Sich selbst hat sie nie als Künstlerin gesehen, sie war aber als Mitkämpferin für die Anliegen der Avantgarde den Männern ebenbürtig. Anna und ihre Bedeutung für den Wiener Aktionismus wurden 2023 im BRUSEUM in der Neuen Galerie Graz mit einer großen Ausstellung gewürdigt.

 

Als Ana Steiner 1943 in Viškovci in Kroatien geboren, musste sie mit ihrer Familie kurz vor Kriegsende das Land verlassen. Die Erfahrung von Flucht, Armut und Ausgrenzung hat sie ein Leben lang nicht vergessen und diese hat ihr politisches Bewusstsein geprägt. Als junge Mutter war sie von einem Tag auf den anderen alleine mit der gemeinsamen Tochter Diana, als ihr Mann Günter wegen seiner radikalen Kunst ins Gefängnis musste. Sie hat den Wirrnissen getrotzt und sich nicht unterkriegen lassen. 1969 flohen sie gemeinsam nach West-Berlin, wo sie zehn Jahre lebten. Durch ihre Profession als Schneiderin konnte sie der Familie ein geregeltes Einkommen sichern. Ihre erfolgreiche Mode-Boutique besuchten damals Stars wie Santana oder Karl Lagerfeld.

 

 

Künstlerin, Feministin und Unterstützerin

Annas Haltung war geprägt von Wärme, Mut und Großherzigkeit. Wann immer es möglich war, hat sie Künstler*innen unterstützt, und wenn sie es für notwendig erachtete, hat sie ihre Stimme erhoben. Über allem stand immer die Familie. Anna Brus hat als starke Frau, Feministin und unmittelbare Zeitzeugin authentisch und unverblümt über die zahlreichen Zwischentöne der (Kunst-)Geschichte gesprochen – und das bis zuletzt, wo nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch im Kunstbetrieb eine zeitgeistige Schwarzweißmalerei vorherrscht und die Political Correctness den offenen und ehrlichen Blick auf die Vergangenheit verstellt.

 

Anna Brus ist am Freitag, dem 4. April, nach langer schwerer Krankheit in Graz friedlich verstorben.



 

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Mit herzlichen Grüßen

 

Daniela Teuschler
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Stephanie Liebmann
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Eva Sappl
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